Karlihausverein e.V. Seifhennersdorf

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H. R. Marx, Seifhennersdorf. Mechanische Weberei  (heute Spekon)


Die genannte Firma wurde im April 1842 von Herrn Heinrich Robert Marx mit sehr geringen Mitteln gegründet. Der Geschäftsbetrieb umfasste damals die Fabrikation Baumwollsamte und Manchester, sowie Baumwollrock- und Hosenstoffe. Die Herstellung der Waren geschah ausschließlich auf Handwebstühlen, welche die Weber in ihren eigenen Häusern aufgestellt hatten. Der Verkauf wurde hauptsächlich auf den Messen in Leipzig und Frankfurt a. O. getätigt.

Im Jahre 1857 erbaute Herr Marx, um verschiedenen Mängeln der Handweberei abzuhelfen, einen Websaal für 50 verbesserte Handwebstühle. 1860 entschloß er sich zur Errichtung einer mechanischen Weberei, in welcher sowohl baumwollene Samte, als auch baumwollene Rock- und Hosenstoffe hergestellt werden sollten. Ende März 1862 kamen die ersten mechanischen Webstühle und bis Ende 1863 wurden 62 aufgestellt. Die Handweberei blieb daneben bestehen und wurde erst später mit der Aufgabe der Fabrikation Raumwollrock und Hosenstoffe eingestellt.
Die infolge des amerikanischen Bürgerkriegs (1861–1864) gestiegener die Preise Baumwollgarne, welche die Herstellung Saumwollamte fast unmöglich machten und zur Einschränkung der Fabrikation Baumwollhosenstoffe zwangen, ergab sich das Herr Marx sich entschloß, auf die Herstellung halbwollner Kleiderstoffe (Orleans), welche bereits 1846 in Zittau fabriziert wurden, überzugehen. Diese leichten, dauerhaften und glanzreichen Stoffe wurden damals von der Mode sehr begünstigt und für die verschiedensten Zwecke, vorzugsweise aber für Frauenkleider verwendet. Es wurden daher englische mechanische Webstühle für Orleans bezogen und aufgestellt, und eine Orleansfärberei eingerichtet, die Maschinen wurden ebenfalls aus England bezogen und endlich auch ein englischer Färbermeister angestellt werden.

Im Jahre 1865 war die Umwandlung in eine Orleansweberei vollendet, und in den folgenden Jahren wurde die Fabrikation baumwollner Waren und auch die Handweberei nach und nach aufgegeben. Die Umwandlung der Fabrik in eine leistungsfähigen Färberei hatte bedeutend mehr Anlagekapital erfordert, als für die Anlage einer mechanischen Baumwollweberei gerechnet worden war und deshalb die Betriebsmittel sehr geschwächt, weshalb dem Herrn Marx Zeiten harte Arbeit und Sorgen nicht erspart blieben. Allerdings befriedigte die Herstellung farbiger glatter und gemusterter Orleans, welche bald in ganz Deutschland wegen der Reinheit und Schönheit der Farben geschätzt und gesucht wurden. Erst nachdem die Nachwehen des amerikanischen Krieges, die rückgängige Konjunktur der Baumwoll- und Wollgarne, sowie die Folgen des 1866er Krieges überwunden waren, und die allgemeinen geschäftlichen Verhältnisse von 1869 an sich zum bessern wandten, befriedigten auch die Betriebsergebnisse und versöhnten mit den anfänglichen Misserfolgen.
In den Jahren 1871–1873 mußten wesentliche Erweiterungsbauten vorgenommen und eine 1800 m lange eiserne Wasserleitung hergestellt werden, um die Färberei ausreichend mit reinem Wasser zu versehen. Leider hielt der gute Geschäftsgang nicht lange an, im Gegenteil machte sich der Einfluß der Mode in den späteren Jahren so sehr zu Ungunsten der Orleansweberei bemerkbar, das von 1875 an die Fabrikation eingeschränkt werden mußte und die Fortführung des Geschäfts sogar nur unter erheblichen Opfern möglich war.

Es blieb unter solchen Umständen nichts weiter übrig, als das Geschäft aufzugeben oder die Fabrikation anderer Artikel, für welche die vorhandenen Webstühle mit benutzt werden konnten, aufzunehmen. Zwar war es schwer, einen Entschluß zu fassen, war doch Herr Marx bereits 70 Jahre alt, und erforderte der Übergang zu anderen Fabrikationszweigen voraussichtlich die Festlegung größerer Kapitalbeträge zum zweck der Anschaffung von Maschinen und Errichtung von Bauten, indessen entschloß sich der am 16. April 1886 von Seiner Majestät dem König Albert zum Kommerzienrat ernannte Herr Marx doch zur Fortführung des von ihm gegründeten Geschäfts und zur Wiederaufnahme der seiner Zeit aufgegebenen Fabrikation von Baumwollrock- und Hosenstoffen.
Die Wiedereinführung dieses Fabrikationszweiges ist denn auch mit Mühe und nicht ohne Opfer gelungen. Es galt doch einen ganz anderen Kundenkreis zu gewinnen und mit einer hochentwickelten und außerordentlich leistungsfähigen Konkurrenz, der vieljährige Erfahrungen und große Kapitalreserven zur Seite standen, in die Schranken zu weisen es ist dadurch aber auch möglich geworden, ein zahlreiches Arbeiterpersonal weiter zu beschäftigen.

Nachdem in den Jahren 1886 und 1887 die erforderlichen Hilfsmaschinen angeschafft worden waren, konnte mit der Herstellung von Baumwollhosenstoffen begonnen werden. Nebenbei wurden noch Orleans, soweit sich Bedarf dafür zeigt, und ebenso auch Baumwollkleiderstoffe hergestellt. Das Absatzgebiet der erzeugten Waren erstreckt sich über ganz Deutschland, Zentral- und Süd-Amerika, sowie einzelne Kolonien in Asien.

In den folgenden Jahren wurden durchschnittlich 450 Arbeiter im Fabrikgeschäft und 20 Arbeiter in der mit dem Geschäft verbundenen Landwirtschaft beschäftigt. Für den Betrieb der mechanischen Weberei mit 340 Webstühlen und der vielen Hilfsmaschinen ist eine Dampfmaschine von 180 PS, für den Betrieb der Färberei eine von 40 PS aufgestellt. 3 Dampfkessel mit zusammen 310 Quadratmetern Feuerfläche erzeugten die erforderliche Dampfkraft. Die Beleuchtung erfolgt durch eine eigene Gasanstalt, in welcher Paraffinöle vergast werden. Gegen Brandgefahr ist eine Fabrikfeuerwehr ins Leben gerufen worden.
Im Interesse der Arbeiter wurde bereits 1865 eine Krankenkasse auf der Basis, das die Firma ¼ der Beiträge der Mitglieder zahlte, errichtet, auch die Errichtung einer Fabriksparkasse im Jahre 1871 in der Weise begünstigt, das die Einlagen, von der Firma zur Verzinsung übernommen und zu einem etwas höheren, als dem gewöhnlichen Zinssatz verzinst werden.
Obwohl von einer Beteiligung an Ausstellungen in der Regel abgesehen wurde, sind ausnahmsweise doch diejenigen von London 1862 und zu Melbourne 1880–1881 beschickt worden und haben der Firma ehrenvolle Auszeichnungen eingetragen. Eine besondere Auszeichnung wurde der Firma noch dadurch zu teil, das Seine Majestät der König Johann im Juni 1863 die damals erst erbaute und noch nicht vollständig eingerichtete Fabrik mit seinem Besuche beehrte.

Im April 1892 war dem Gründer und bis dahin alleinigen Inhaber der Firma das seltene Glück beschieden, das 50jährige Jubiläum der Gründung seines Geschäfts begehen zu können. Aus Anlass dieses Jubiläums nahm der Kommerzienrat Herr Heinrich Robert Marx seine beiden Enkel die Herren Gottwald Felix Freude und Paul Arthur Freude, sowie seinen bisherigen Prokuristen, Herrn Karl Gottlieb Grüllich als Teilhaber in sein Geschäft auf und überwies ein Kapital von 50 000 Mark zur Errichtung einer Arbeiter-Unterstützungskasse. – Bei der offiziellen Feier des Geschäftsjubiläums, welche wegen eines den Jubilar betroffenen schweren Unfalls erst am 2. August 1892 begangen werden konnte, wurde der bisherige Prokurist und nunmehrige Mitinhaber der Firma, Herr Grüllich, durch Überreichung des ihm von Seiner Majestät dem König Albert verliehenen Ritterkreuzes 2. Klasse vom Albrechtsorden und ein Arbeiter, welcher der Firma ebenfalls länger als 30 Jahre treu gedient hatte, durch Verleihung der silbernen Medaille für Treue in der Arbeit ausgezeichnet.

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